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Fitnesstraining bei Herz-Kreislauf- Erkrankungen

Fitnesstraining bei Herz-Kreislauf- Erkrankungen

Im Rahmen unserer neuen Serie wird Prof. Dr. Thorsten Kreutz in den nächsten Ausgaben jeweils ein Krankheitsbild vorstellen und aufzeigen, worauf du als Trainer beim Training mit davon betroffenen Kunden achten solltest. In dieser Folge geht es um die Todesursache Nr. 1 in Deutschland: Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die bekanntesten Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind der Herzinfarkt, der Schlaganfall und die Herzrhythmusstörungen. Da Patienten nach der Rehabilitationsphase meistens auf sich allein gestellt sind und es kaum passende Bewegungsangebote für sie gibt, nehmen Angebote qualifizierter Trainer einen sehr hohen Stellenwert ein.

Bedeutung von körperlicher Aktivität

Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass ein körperliches Training die kardiovaskulären Risikofaktoren und somit langfristig die Sterblichkeitsrate signifikant reduzieren kann. Zelluläre aktivitätsbedingte Anpassungserscheinungen sowohl in den Gefäßen und am Herz als auch im Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel senken das Arteriosklerose- und das Bluthochdruckrisiko. Hinsichtlich der Trainingswirksamkeit scheint das Ausdauertraining die günstigste Wirkung auf die Endothelfunktion in unseren Gefäßen zu haben (Sandri et al. 2009; Hoetzer et al. 2007), obwohl auch das Krafttraining bei der Reduktion der kardiovaskulären Risikofaktoren innerhalb der kardiologischen Sporttherapie einen hohen Stellenwert einnimmt (Latham et al. 2004).

Methodische Vorgehensweise

Als Trainer solltest du dich bei jeder Trainingsplanung immer am aktuellen Gesundheits- und Trainingszustand deines Kunden orientieren. Die folgenden Empfehlungen beziehen sich auf Trainingseinsteiger ohne sportliche Vorerfahrungen, da dies auf die Mehrzahl der Herzpatienten zutrifft. Es gibt natürlich auch sportlich erfahrene Herzpatienten; bei diesen können entsprechend anspruchsvollere Trainingsinhalte und -methoden zum Einsatz kommen.

1. Ärztliche Belastungsuntersuchung

Vor Trainingsbeginn müssen immer ein ausführliches Anamnesegespräch und eine ärztliche Belastungsuntersuchung durchgeführt werden. Aufgrund des durchgeführten Belastungs-EKGs bekommen die Patienten eine maximale Trainingsherzfrequenzvorgabe mitgeteilt, die beim Training nicht überschritten werden darf. Ein Training mit einer geringeren Herzfrequenz ist jedoch möglich, damit auch ein Ausdauertraining über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden kann.

2. Trainingsziele festlegen

Bei Trainingseinsteigern sollten zunächst die Grundlagenund die Kraftausdauer verbessert werden. „Höher, schneller, weiter“ ist zunächst kontraproduktiv, da die zellulären Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind und sich bei zu hohen Trainingsintensitäten der Gesundheitszustand des Kunden verschlechtern kann.

3. Trainingsplanerstellung durch qualifizierte Trainer

Um krankheits- und trainingsbedingte Gefahren zu verhindern, musst du als Trainer über das spezielle Krankheitsbild und die trainingsbeeinflussenden Wirkungen der eingenommenen Medikamente Bescheid wissen und dies bei der Trainingsplanung berücksichtigen. Ein Trainingsplan sollte mindestens aus den folgenden vier Trainingsabschnitten bestehen:

  • Aufwärmen,
  • Krafttraining,
  • Trainingsschwerpunkt: Ausdauer,
  • Dehnen/Entspannung.

Vor dem Training sollte immer der aktuelle „Gefäßzustand“ mittels einer Blutdruckmessung gemessen werden und jeder Kunde sollte eine Pulsuhr zur Herzfrequenzüberwachung während des Trainings tragen.

Aufwärmen

Beim Aufwärmen sollte der Trainierende sowohl physisch als auch psychisch langsam auf das Training vorbereitet werden. Deshalb sollte die Aufwärmherzfrequenz mindestens 10 Herzschläge unter der Trainingsherzfrequenz liegen. Für Einsteiger eignen sich als Trainingsgeräte das Ergometer und das Laufband.

Krafttraining

Lange bestand der Irrglaube, dass ein Krafttraining bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen immer zu hohen und unkontrollierbaren Blutdruckwerten beim Training führt. Heute gilt es als erwiesen, dass dies bei einem gut kontrollierten Krafttraining mit bestimmten Vorsichtsmaßnahmen nicht der Fall ist. Zudem reichen bei Einsteigern Trainingsreize mittlerer Intensität zunächst vollkommen aus, um sowohl Verbesserungen der Muskelkraft als auch eine Muskelmassenzunahme zu erreichen.

Es sollte ein dynamisch-konzentrisches Krafttraining durchgeführt und auf isometrische Kraftübungen verzichtet werden, da isometrische Muskelkontraktionen den Gefäßdruck erhöhen und den Blutdruck ansteigen lassen. Das Trainingsgewicht muss natürlich an die Kraftleistungsfähigkeit des Trainierenden angepasst sein. Zudem muss auf die richtige Übungsausführung und die Vermeidung von Pressatmung geachtet werden.

Das Training kann als Zirkel- oder Satztraining durchgeführt werden. In den ersten zwei Monaten sollten zwei Sätze mit 15–20 Wiederholungen an 4–6 Krafttrainingsgeräten durchgeführt werden. Die Belastungsdauer beträgt dabei vier Sekunden pro Wiederholung.

Vom dritten bis sechsten Monat sollte die Anzahl der Sätze beim Kraftausdauertraining auf drei gesteigert und das Trainingsgewicht progressiv angepasst werden. Zudem können auch einzelne Übungen modifiziert werden, indem z.B. der Ruderzug am Seilzug durchgeführt wird oder zusätzliche einfache funktionelle Übungen in den Trainingsplan aufgenommen werden.

Ausdauertraining

Durch die ausdauerbedingten zellulären Veränderungen bewirkt ein Ausdauertraining oft direkt Verbesserungen bei der Krankheitsursache. Auch können dadurch die kardiovaskulären Risikofaktoren reduziert werden. Zunächst sollte die Trainingsintensität so gewählt werden, dass alle Kunden ein 30-minütiges Ausdauertraining auf einem Ergometer oder Laufband (Walken) absolvieren können. Dabei können die Ausdauergeräte gewechselt werden, um das Training abwechslungsreicher zu gestalten. Trainingseinsteiger sollten mit der herzfrequenzüberwachten Intervallmethode beginnen, um hohe Blutdruck- und Herzfrequenzanstiege während der Belastung, wie sie bei der Dauermethode möglich sind, zu vermeiden.

Festlegung der Trainingsherzfrequenz

Bei der Festlegung der Trainingsherzfrequenz sollten folgende Grundsätze beachtet werden:

  • Die vom Arzt vorgegebene maximale Trainingsherzfrequenz darf nicht überschritten werden.
  • Die Trainingsherzfrequenz sollte beim ersten Training direkt auf die gesamte Ausdauertrainingszeit mittels Blutdruck- und Herzfrequenzmessungen in den einzelnen Intervallen überprüft und ggf. korrigiert werden.
  • „Walken/Radfahren ohne zu schnaufen“ – ein Gespräch sollte jederzeit noch möglich sein. Anderenfalls sollte die Belastungsstufe reduziert werden.
  • Abfrage des subjektiven Belastungsempfindens: Der Trainierende sollte anfänglich im leichten, später im mittelschweren Bereich bei Werten zwischen 11 und 13 der Borg-Skala trainieren.

Mittelfristig sollte die Trainingszeit in Abhängigkeit vom aktuellen Trainingszustand verlängert werden, um weitere gesundheitliche Verbesserungen zu erzielen.

Dehnen/Entspannung

Nach dem Ausdauertraining sollte die trainierte Muskulatur gezielt gedehnt werden, um die Beweglichkeit sowie die Körperwahrnehmung des Kunden zu verbessern. Zusätzlich oder alternativ können auch verschiedene Entspannungsverfahren eingesetzt werden, um den Risikofaktor „Stress“, der für viele Herzpatienten eine krankheitsauslösende Ursache darstellt, zu reduzieren.

Aktiver und gesunder Lebensstil

Einige typische Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind körperliche Inaktivität, Fehlernährung, Rauchen und Stress. Deshalb solltest du als Trainer betroffene Kunden auch bezüglich einer Ernährungs- und Verhaltensumstellung in Richtung eines aktiveren und gesünderen Lebensstils unterstützen bzw. motivieren. Nur durch die Kombination aus einem gesunden Lebensstil und regelmäßigem Training kann das kardiovaskuläre Risikoprofil und somit der Gesundheitszustand von Herzpatienten dauerhaft verbessert werden.

Prof. Dr. Thorsten Kreutz | Der Autor verantwortet die Professur Fitness und Gesundheit an der IST-Hochschule für Management. Er ist Sportwissenschaftler und Sporttherapeut für innere Erkrankungen, Neurologie und Orthopädie und verfügt über eine 25-jährige praktische Berufserfahrung im Fitness- und Therapiebereich.

 

Foto: AdobeStock_peterschreiber.media

 

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